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Brief an Altmaier: Grüne fordern Liquiditätshilfen und Steuerstundungen

Aktualisiert: 17. März 2020

Mit einigen Vorschlägen hat sich Claudia Müller MdB am 12. März an Bundesminister Altmaier gewandt, um ihm Vorschläge für Maßnahmen zur wirtschaftlichen Bewältigung der Coronakrise zu machen. Über den Brief wurde ausführlich im Handelsblatt berichtet. Einige Vorschläge, wie ein Nothilfefonds für KMU und Selbstständige, wurde inzwischen auch von Finanzminister Scholz angesprochen.


Der Brief zum Nachlesen:


Sehr geehrter Herr Bundesminister,


als Mitglied des Mittelstandsbeirates des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bitte

ich Sie mit diesem Brief insbesondere die kleinsten und kleinen Unternehmen im Rahmen der

Ausbreitung des Coronavirus und der Auswirkungen auf die Wirtschaft mit weiteren

Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. Durch die Unterbrechungen von Lieferketten, die Ausfälle

wichtiger Messen und anderer Großveranstaltungen, Quarantänevorgaben und ausbleibende

Kunden gerät eine Vielzahl von insbesondere kleinen Unternehmen und Selbstständigen,

besonders im Dienstleistungsbereich, unverschuldet in Notlagen.


Um dem Coronavirus gut vorbereitet entgegentreten zu können, braucht es nicht nur die

notwendigen gesundheitlichen und hygienischen Maßnahmen, sondern auch wirtschaftliche

Maßnahmen und gute Kommunikation. Entscheidend ist aktuell der Gesundheitsschutz um die

Geschwindigkeit der Ausbreitung zu verlangsamen– wirtschaftliche Anreize dürfen diesem auf

gar keinen Fall zuwiderlaufen. Höchste Priorität hat immer der Schutz von Menschenleben. Ich

begrüße sehr, dass die Bundesregierung mit Bedacht vorgeht, sehe aber die Notwendigkeit für

kleine und kleinste Unternehmen zusätzlich schnell weitere Maßnahmen zu ergreifen.


Stundung von Steuerzahlungen und Sozialbeiträgen für KMUs.

So sollte auf Antrag eine Stundung von Steuerzahlungen ohne Stundungszins möglich sein.

Auch eine Stundung von Sozialbeiträgen ohne Stundungszins sollte für KMUs auf Antrag

gewährt werden können. Hierfür schlage ich die Festlegung einer Maximaldauer vor, sowie

individuelle Vereinbarungen zur Nachzahlung. Besonders wichtig hierfür eine klare Definition,

wer solche Anträge stellen kann. Neben der Definition einzelner betroffener Branchen, wie z.B.

die Tourismusbranche, sollten Unternehmen und Selbstständige einfache Nachweise vorlegen

dürfen, die aufzeigen, inwiefern sie von Veranstaltungsabsagen betroffen sind. Vorstellbar sind

hierfür Belege über Absagen von Großauftraggebern, sowie Belege über substantielle

Umsatzeinbußen.


Erleichterungen für KMU bei der Insolvenzantragspflicht prüfen


Jedes Unternehmen, was in eine Zahlungsunfähigkeit oder in eine Überschuldungssituation

kommt, muss aktuell einen Insolvenzantrag stellen, dessen Verschleppung auch eine

strafbewehrte persönliche Haftung nach sich zieht. Ich bitte Sie, jetzt für zumindest einen

vorübergehenden Zeitraum eine Senkung dieser Antragspflichten zu prüfen, wenn es sich um

Coronavirus-bedingte, unvorhersehbare Einsatzeinbußen und Überschuldungen handelt.


Risikoübernahme für kurzfristige Liquiditätshilfen durch die KfW erhöhen

Die Bundesregierung hat zurecht auf bestehende Liquiditätshilfen für Unternehmen

hingewiesen. Diese gilt es jetzt stärker bekannt zu machen und ihren Bezug möglichst zu

vereinfachen. Dafür sollten meiner Meinung nach die zinsfreie Rückzahlung von 1 auf

mindestens 2 Jahre ausgedehnt werden, sowie die Übernahme des Ausfallrisikos für einen

determinierten Zeitraum durch die KfW deutlich heraufgesetzt werden, z.B. auf bis zu 90%.

Diese Übernahme der Risiken würde auch die Botschaft setzen, dass innerhalb der

Bundesregierung die Überzeugung vorherrscht, dass es sich um eine zeitlich klar begrenzte

Krise handelt.


Verstärkte Kommunikation und klare Vorgaben für Unternehmen

In Gesprächen mit betroffenen Unternehmen hat sich gezeigt, dass die deutsche Wirtschaft viele sehr verantwortungsbewusste Maßnahmen trifft und z.B. Dienstreisen bis auf das Notwendigste runterfährt, sowie vermehrt auf Homeoffice setzt, wo es außerhalb von systemkritischer Infrastruktur möglich ist. Jedoch wurde der Wunsch nach klareren Regelungen und vermehrter Kommunikation zu den nötigen Krisenmaßnahmen durch Regierung und Verwaltungen in Richtung der Unternehmen geäußert. Mir ist bewusst, dass die Verantwortung hierfür in vielen Bereichen bei den Ländern liegt, jedoch bitte ich insbesondere das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Entscheidungen über Quarantänemaßnahmen, welche Unternehmen betreffen, gebündelt auf einer nationalen Homepage zu veröffentlichen, genauso wie bestehende Empfehlungen und Handlungsanweisungen in den unterschiedlichen Bundesländern.


Corona-Nothilfe-Fonds für KMU einrichten

Ähnlich wie die Agrarnothilfe 2019 schlage ich einen Corona-Nothilfe-Fonds für KMU vor.

Voraussetzung für den Erhalt solch eine Nothilfe sollte der Nachweis sein, dass Corona-Virusbedingte Umsatzeinbußen von mindestens 50% des Jahresumsatzes im Vergleich zu den Umsätzen der letzten 3 Jahren entstanden sind. Dabei ist darauf zu achten, dass durch

Kombination mit anderen Hilfsmaßnahmen, wie z.B. dem Kurzarbeitergeld, keine

Überkompensation entsteht. Insbesondere kleine Unternehmen mit hohen Fixkosten jenseits der Personalkosten sollten so schnell und unbürokratisch Hilfen erhalten können.


Zeit des Nachfrageeinbruchs und des Ausfalls von Lieferungen konstruktiv nutzen

Die Krise zeigt auf, wie sehr Lieferketten auf China ausgerichtet sind und welche Lücken sich

in der Beschaffung bestimmter Produkte herausstellen. Für Unternehmen, welche durch diese

Situation die gewohnte Arbeit still steht, gilt es die Zeit konstruktiv zu nutzen. Denn die

Herausforderungen der Digitalisierung und des Klimaschutzes gilt es jetzt anzugehen –

Stillstand kann auch der Moment für eine Bestandsaufnahme und für die Entwicklung von

Zukunftsvisionen sein. Das BMWi sollte deshalb Unternehmen jetzt auf die vielen

Möglichkeiten hinweisen, um z.B. die Stabilität ihrer Lieferketten zu bewerten und sich

eventuell neu aufzustellen. Das BMWi könnte hierfür Leitfragen veröffentlichen, die jedes

Unternehmen als Hilfestellung nutzen kann. BMAS, BMWI und BMU bieten viele gute

Programme und Hilfestellungen, um die Arbeitskultur, die Arbeitsabläufe, die Ressourcen– und

Energieeffizienz, den Stand der Digitalisierung etc. zu analysieren. Hierauf gilt es genau jetzt

verstärkt hinzuweisen.


Arbeitslosengeld für Selbstständige unkompliziert auszahlen

Ich begrüße die Ausweitungen des Kurzarbeitergeldes, sehe jedoch, dass viele Selbstständige

davon leider nicht profitieren können. Zumindest für die freiwillig gegen Arbeitslosigkeit

versicherten Selbstständigen halte ich deshalb eine dringende Empfehlung an die

Bundesagentur für Arbeit für sinnvoll, dass Selbstständige bei Coronavirus-bedingten

Arbeitsausfällen unbürokratisch und schnell Arbeitslosengeld erhalten sollen. Auch die Öffnung

der Arbeitslosenversicherung für Selbstständige generell würde für die Zukunft kurzfristige

Krisenausfälle leichter bewältigen lassen. Vorschläge wie die Arbeitslosenversicherung für

Selbstständige besser zugänglich gemacht werden kann, finden Sie hier:

https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/175/1917522.pdf


Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, diese Krise möglichst schnell zu überwinden und

aus ihr auch Lehren für die Zukunft zu ziehen. Hierfür hoffe ich durch meine Vorschläge einen

Beitrag zu leisten.


Mit freundlichen Grüßen,

Claudia Müller MdB

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